Editorial

Von Kunst und Frieden bis Theater und Fussball: Bebbi Zine ist ein Kaleidoskop mit Sicht auf Menschen der Region Basel (= Bebbi) die eigene Wege gehen, mutig sind, Nischen suchen und Räume schaffen. Sie machen das kulturelle Leben am Rheinknie zu einer einzigartigen und lebendigen Mischung, und verdienen deshalb unsere Aufmerksamkeit.

Die gedruckte 2024 Ausgabe erschien zur Art Basel Woche (10.–16. Juni 2024). Zur Kunstmesse-Woche sowie den Kunsttage Basel (30. August–1. September, 2024) erscheint zudem täglich ein kuratierter Newsletter mit Veranstaltungshinweisen, für all diejenigen, die gerne mit beschriebener Szene in den Dialog treten wollen.

Viel Vergnügen beim Eintauchen und Lesen!

Mode-Designerin

Jacqueline Loekito

Wo hört Design auf und wo beginnt die Kunst? Im Zeitalter unlimitierter Fluidität in der Kreativbranche wird diese Frage immer wieder aufs Neue verhandelt. Die Basler Modedesignerin Jacqueline Loekito setzt auf das Verbindende anstatt auf Segregation: «Kunst und Design sind beides Ausdruck der Persönlichkeit der Leute, welche sie erstellen oder erwerben. Dass die beiden zusammengehören, zeigt schon ein Blick auf die Besucher:innen der Art-Woche, die sich sehr bewusst kleiden. Es hat jeweils fast etwas von einer Fashion Week». Seit Loekitos Mode-Anfängen in London überwindet sie in regelmässigen Abständen die vermeintliche Kluft zwischen diversen Disziplinen und rüttelt an starren Gestaltungsdogmen. So präsentierte sie ihre letzte Mode-Kollektion «Earthlings» in der Kunsthalle Basel, da wo sonst zeitgenössische Kunst gezeigt wird. Sie realisierte zudem Kollektionen in Kollaboration mit Künstler:innen wie Eddie Hara oder Tobias Gutmann, und entwirft in regelmässigen Abständen Kostüme für Häuser wie das Theater Basel oder das Zürcher Theater Neumarkt. Der Nonkonformismus wurzle auch in ihrer Kindheit, in der vibrierenden aber dennoch konservativ geprägten Millionenmetropole Jakarta, wo sie gelernt habe, aus vermeintlichen Labels auszubrechen:

«Wenn mir jemensch etwas vordiktiert hat, habe ich jeweils bewusst einen anderen Weg eingeschlagen. Nur so konnte ich mich frei fühlen und atmen».

Für die Kunsttage Basel geht sie noch einen Schritt weiter und entwirft selbst ein Kunstwerk – oder fast. Hinter den Regenbogenfahnen, welche die Plaza im kHaus zieren, stecken nämlich Fragmente von Aquarell-Zeichnungen ihrer vierjährigen Tochter Wilhelmina. Das Projekt verlief organisch, betont Loekito, und sie habe sich, wie bei den anderen Kollaborateur:innen, das Einverständnis geholt: «Ich wollte ihr auf keinen Fall etwas aufzwängen und wünsche mir insgeheim eher, dass sie Astronautin wird oder etwas anderes als ihre Eltern im Kulturbereich macht. Daher war ich anfangs sehr nervös, als ich sie fragte, ob ich ihre Bilder verwenden dürfe». Die Werke passten in ihrer farbenfrohen Natur perfekt zur Vision von Fluidität. Wie die Mutter liebe es auch Wilhelmina bunt und antworte auf die Frage nach der Lieblingsfarbe jeweils mit: «Jede».

Die Regenbogenfahnen kommen nicht von ungefähr. Flagge-Zeigen ist ein konstanter Teil von Jacqueline Loekitos künstlerischem Ausdruck und zieht sich kompromisslos durch die Arbeitsweise, die Designs, und die Auswahl der Models des 2018 gegründeten, gleichnamigen Labels. Darin werden binäre Geschlechterstereotypen, Schönheitsideale und Körpernormen infrage gestellt und konsequent aufgebrochen. «Freedom of Dressing» lautet die Devise. Auch das Kuratieren von Arbeiten dritter ist neben dem eigenen Schaffen ein wiederkehrendes Element in Loekitos Alltag. Als Leiterin des MA-Studio Fashion Design trifft sie immer wieder auf Arbeiten, die sie gerne fördert. «Ich glaube an die Arbeit meiner Student:innen, möchte sie bei ihrer Entwicklung unterstützen und ihnen jeweils die gebührende Sichtbarkeit und Anerkennung zukommen lassen». Deswegen versteht sich Loekito mehr als Educator (dt. Ausbildnerin), die die Studierenden begleitet, denn als Lehrerin. Ganz auf die finanziell-sichere Lehrfunktion zu setzen, kann sie sich jedoch nicht vorstellen: «Modeschaffen ist für mich eine Art Therapie, die ich brauche, um zu funktionieren. Ich werde das, bis ich hundert bin, und darüber hinaus machen». In typischer Loekito-Manier, mag sie sich dabei jedoch nicht nur auf eine Disziplin festlegen und weiterhin Grenzen sprengen.

Text: Samara Leite Walt
Fotos: Pati Grabowicz

  • Jacqueline Loekito
  • Jacqueline Loekito
  • Jacqueline Loekito und Wilhelmina
  • Jacqueline Loekito und Wilhelmina

Künstler-Kollektiv

Hotel Regina

Sie bauen empathische Flipperkästen, verwandeln Basler Stadtbrunnen zu hot tubs um, eröffnen auf dem Theaterplatz kurzerhand einen Campingplatz oder lassen Galeriebesuchende Schrauben nach Länge und Schraubenkopfprofilen sortieren. Das Kollektiv Hotel Regina, bestehend aus Balz Scheidegger, Dominik Dober, Quirin Streuli, Christian Holliger und Max Praxmarer ist seit acht Jahren gemeinsam tätig. Kennengelernt haben sie sich im Studium am HyperWerk der Fachhochschule FHNW. «Wir hatten Interesse an denselben Dingen: am Basteln, am Ausprobieren, am Spiel», sagt Streuli.

Oft im öffentlichen Raum angesiedelt, lädt die Kunst des Kollektivs gehetzte Passant:innen dazu ein, kurz stutzig innezuhalten.

«Viele Dinge entstehen, indem wir uns exponieren. Wir stellen eine Behauptung oder These auf und gehen dann in die Welt hinaus, um sie zu testen»,

sagt Streuli. «Wo entsteht ein schräger Moment? Wo kann man die Leute herausfordern?»

Im August 2023 entstand Camping Sunny Side. Zwei Wochen lang konnten Besucher:innen vor dem Basler Stadttheater ihre Zelte aufschlagen, Bungalows mieten und den Ort aus einer neuen Perspektive erleben. Mit einem Mal sprudelte in der Betonwüste feuchtfrisches Leben, Menschen blinzelten verschlafen aus den Wohnwagen heraus, Dahergelaufene kühlten ihre Füsse im Tinguely-Brunnen und spielten unter schallendem Gelächter eine Partie Kniffel. Im Zentrum ihrer Arbeit stehe nicht das Kunstwerk, sondern die Begegnung mit den Menschen: «Es geht uns nicht darum, unseren Ausdruck und unsere Sichtweisen möglichst genau auf die Welt zu projizieren. Wir gehen in die Welt hinaus und schauen mal, was sie mit uns macht.» Wie die Leute reagieren und ob sie sich auf das Unbekannte einlassen, ist ein unberechenbarer Faktor in der Arbeit des Kollektivs. «Es ist manchmal anstrengend, aber man lernt extrem viel», sagt Dober. «Obwohl es den Theaterplatz schon lange gibt, will niemand da verweilen. Und auf einmal waren da Leute, die bleiben wollten, die sich dem freiwillig aussetzen.»

Mit ihrer letztjährigen Ausstellung We accidently made eyecontact with a Mähkante in our basement im Art Stübli Basel, war die Arbeit von Hotel Regina erstmals in einem Kunstraum zu sehen. «Ich habe mich lange gefragt: was ist spannend an einem Kunstraum? Welche Reibungen können dort erzeugt werden?», sagt Dober. «In einem Kunstraum wird alles ein Stück weit erwartbar. Wie Kunst konsumiert wird, ist ganz klar geregelt: man läuft in einem Raum von Objekt zu Objekt und schaut sich das an.» Gleichzeitig liege darin auch die Qualität, denn die Leute seien sensitiver als sonst, denn sie wissen, worauf sie sich einlassen. Im öffentlichen Raum sei das anders: «Niemand läuft durch die Welt und denkt: dieser Mülleimer im Park ist anders platziert als sonst». Im Art Stübli hat das Kollektiv mit den galerietypischen Konventionen gebrochen: anstatt Objekt nach Objekt in Armlängenabstand zu konsumieren, musste hier musiziert, mitgemacht und auf der Kunst herumgelaufen werden. «Manche Leute wussten nicht, wie sie sich in diesem Raum verhalten sollen, denn die klassischen Wege, die sie sonst nehmen würden, wurden ihnen verbaut. Sie sind immer wieder in Dinge reingelaufen.», sagt Streuli. In einer Galerie in ein Kunstwerk reinlaufen ist für viele Leute die Grenze unaushaltbarer Peinlichkeit. Im Art Stübli sollte das so sein. Vielleicht. Denn was mit der Kunst von Hotel Regina passiert, liegt immer auch ein Stück weit in den Händen der Betrachter:innen. «Mit dieser Ausstellung haben wir eine neuere Richtung eingeschlagen, die wir mehr verfolgen: wir versuchen mehr Kunst zu machen. Es geht weniger darum, dass wir auf die Leute eingehen, sondern darum, ein Spiel zu entwickeln», sagt Streuli.

Das Spielerische weitet sich auch auf die Namensgebung des Kollektivs aus. Und dazu gibt es mehr als eine Geschichte. Bei einem Aufenthalt in Mürren hat sich das Kollektiv in die Typografie des Hotel Regina verliebt, da es in der eigens für das Hotel geschaffenen Schriftart jedoch nur die vorhandenen Buchstaben gibt, blieb eben nicht viel anderes übrig als gleich den ganzen Namen zu übernehmen. Anderen Neugierigen wurde jedoch auch schon erzählt, Regina – die Königin – sei die Chefin des Kollektivs und die fünf Männer nur ihre Praktikanten. Hin oder her, mit den Namen nimmt es das Kollektiv nicht ganz so genau: Sollten Sie also eine E-Mail von Reto Resi, Verantwortlicher Campingsplatzreservation, oder künstlerischer Leitung Anne-Rose Dangereuse beantwortet bekommen, think twice.

Während den Kunsttagen Basel im September findet man Hotel Regina in der Galerie Durchgang am Petersgraben 31. Dort entwickelt das Kollektiv eine Installation, die zum Sortieren von aus Kulturinstitutionen ausgesonderten Schrauben dient, welche normalerweise dem Altmetall zugeführt würden. Galeriebesuchende sind dazu eingeladen zu verweilen und Schrauben zu sortieren. Als Lohn für ihre Arbeit dürfen sie ihre Schrauben mit nach Hause nehmen. Wer sich also ein bisschen von den visuellen Eindrücken der konventionellen Ausstellungen erholen will, oder dringend Montagematerial für zu Hause braucht, kann am Petersgraben fröhlich drauflos sortieren!

Das Interview wurde mit Dominik Dober und Quirin Streuli, zwei Mitgliedern von Hotel Regina geführt.

Text: Philomena Grütter
Fotos: Pati Grabowicz

  • Hotel Regina
  • Hotel Regina
  • Kollektiv Hotel Regina
  • Kollektiv Hotel Regina

DJ und Betriebsökonomin

Pam

Pam alias DJ Qpaem ist gerade daran, die Basler Clubszene aufzumischen. Was bewegt die 25-jährige Betriebsökonomie-Studentin dazu, sich abends als DJ in einen vollen Club zu stellen und dort die Menge in die Euphorie zu treiben? Eine Spurensuche:

Pam, die in Basel geboren und aufgewachsen ist, hat bereits im Kindesalter ihre ersten Berührungen mit Musik gemacht. Ihr Vater habe jeweils an den Wochenenden schon frühmorgens seine Bob Marley CDs abgespielt. Reggae-Sound erfüllte dann das ganze Haus und steckte alle damit an. Abends hat der Vater dann mit seinem Bruder in Clubs aufgelegt. DJ zu sein liegt Pam quasi in den Genen. Auch «Highlife»-Songs aus Ghana, wo Teile ihrer Familie leben, haben Pam seit ihrer Kindheit geprägt.

Ein weiterer Meilenstein war, als sich Pam Equipment fürs Auflegen wünschte. «Mein Bruder und ein paar Friends haben sich dann zusammengeschlossen, um Geld zu sammeln und mir einen Controller zu schenken. Das war eine schöne Überraschung», sagt Pam. Drei Jahre sind unterdessen vergangen und noch immer sammelt Pam als DJ neue Erfahrungen für ihre Auftritte in Clubs. «Die verschiedenen Techniken beim Auflegen habe ich mir mit der Hilfe von Youtube-Videos selbst beigebracht», verrät Pam. Schon sechs Wochen nach den ersten Übungsschritten kam prompt die erste Anfrage einer DJ-Kollegin aus Zürich. «Anfangs dachte ich, das sei zu früh. Aber dann habe gemerkt, dass ich für einen öffentlichen Auftritt bereit bin», sagt Pam.

Aktuell ist Pam im letzten Semester ihres Studiums in Betriebsökonomie und hat Zeit, sich dem Aufbau ihrer DJ-Karriere zu widmen. Musik spielt derzeit die Hauptrolle in ihrem Leben. Der Unterschied zwischen dem Nachtleben und dem, was sie an der Universität studiert habe, sei schon krass, erzählt Pam. Aber vielleicht dient ihr das Erlernte künftig auch im Clubmusik-Business, vorausgesetzt, Pam setzt irgendwann voll auf’s DJing, auch international. Bookinganfragen erhält sie jedenfalls seit kurzem nicht nur von Basler Clubs wie dem Viertel Klub, sondern auch schweizweit. Stilistisch bewegt sich Qpaem als DJ geschickt zwischen den derzeit angesagten Genres Afrobeats, dem südafrikanischen Clubsound und Amapiano und im Dancehall-Bereich.

Vor Publikum aufzulegen, bedeutet auch Lampenfieber für Pam. «Ich bin manchmal sehr aufgeregt vor gewissen Gigs. Da bekomme ich Bauchschmerzen und musste auch schon mal eine Tablette nehmen», sagt sie lachend. Pam ist als Mensch eher schüchtern.

Doch hinter den Decks blüht sie in ihrer eigenen Welt auf und kann ihre extrovertierte Seite ausleben.

«Das ist wie eine Energiewelle, die dann durch meinen Körper geht», erzählt sie. Pam mag es, ihre Leidenschaft mit den Menschen auf der Tanzfläche zu teilen. Diese ganz spezielle Verbindung und Euphorie, die dann entsteht, treibt sie an, in der Öffentlichkeit aufzutreten.

Pam möchte unbedingt einmal in Ghana auflegen, dem Land, in dem ihre Eltern und Grosseltern aufgewachsen sind. Das Musikbusiness boomt in Afrika seit ein paar Jahren enorm. Man könnte sagen, dass der «Afrobeats-Hype» gerade die ganze Welt erobert. Am meisten inspiriert fühlt sich Pam durch die weiblichen Stars des Kontinents. Sie sind ihre grossen Vorbilder.

Text: Danielle Bürgin
Fotos: Jana Jenarin Beyerlein

  • Pam DJ Qpaem
  • Pam DJ Qpaem
  • DJ Qpaem
  • DJ Qpaem

Künstlerin

Laura Mietrup

Form, Farbe, Komposition. Auf diesen drei Grundpfeilern baut Laura Mietrup ihre geometrischen Installationen. Die vielschichtigen Kompositionen regen zum Fantasieren an, indem sie zwischen bekannt und abstrakt schwanken. Während den Basler Kunsttagen zeigt die Künstlerin in der Galerie see you next tuesday im Rahmen einer Einzelausstellung neue Wandobjekte.

Mietrup lebt seit bald 20 Jahren am Rheinknie, hat hier Bildende Kunst studiert und die Stadt auch für ihren Master an der Hochschule der Künste Bern nicht verlassen. Zu wohl fühlt sie sich in Basel: «Hier habe ich meinen Schaffensort und mein Umfeld», meint die Bebbi zufrieden. Derzeit residiert sie in einem der Förderateliers Klingenthal, wo sie sich am Kopfende des Südflügels des Kasernengebäudes ihren Arbeitsort eingerichtet hat.

Aufgewachsen ist die Tochter eines Schreiners in Rheinfelden zwischen Werkzeugen, Holzabschnitten und Sägemehl, später lernte sie den Beruf der Rahmenvergolderin. Ihre Kunst zeigt denn auch einen intensiven Bezug zum Handwerk, was sowohl in fein geschliffenen Körpern und exakt gearbeiteten Details, als auch in technoiden und retro-futuristischen Sujets zum Ausdruck kommt. «Einen Grossteil meiner Werke produziere ich eigenhändig in meinem Atelier», erzählt Mietrup. Sie arbeitet dabei mit beachtlicher Präzision: Die makellosen Oberflächen der Skulpturen wirken beinahe virtuell, entziehen sich scheinbar jeglicher Materialität und lassen so die Gedanken der Betrachtenden wandern.

Die Objekte, Wandmalereien und Zeichnungen erinnern vage an Alltagsobjekte, die Mietrup gekonnt abstrahiert, ineinander verschachtelt und zu einem vieldeutigen Ganzen verschmelzen lässt. Die abstrakten Körper zeigen das Vertraute und das Unbekannte gleichzeitig, ohne dabei generisch zu wirken. Mit ihrer Kunst will die Künstlerin zur individuellen Interpretation anregen.

Tatsächlich befeuern die Objekte die Imagination: Ein hängender oranger Tropfen wirkt wie der Klöppel einer Glocke. Gerastert angeordnete weisse Quadrate erinnern an die beklemmende Stimmung einer anonymen Nasszelle. Ein rechteckiges Volumen mit buntem Zylinder imitiert einen Notfallknopf und fordert förmlich dazu auf, gedrückt zu werden.

«Die Geschichten verselbständigen sich»,

bringt es Mietrup auf den Punkt.

Ihre Kunst passiert in unterschiedlichsten Medien, von Handzeichnung und Wandmalerei über Skulpturen bis hin zu kollaborativen Klanginstallationen. Wie eine Architektin orchestriert sie mit präziser Formensprache spannungsvolle Balance zwischen Ein- und Vieldeutigkeit. Die Grundlage bildet dabei das Zeichnen sowie die Pflege eines Archivs mit unzähligen Fotografien und Bauteilen. Zudem fertigt Mietrup stets zahlreiche Modelle und Prototypen, bevor sie ihre Werke in finaler Form umsetzt. Die Räume, in denen ihre Installationen letztlich gezeigt werden, denkt sie dabei von Beginn weg mit. Letztlich sind ihre Installationen geometrische Sinfonien, die Vieldeutigkeit und Klarheit in Einklang bringen.

Die Analogie zur Musik kommt nicht von ungefähr: Mietrup tauscht sich oft mit befreundeten Musikschaffenden aus, hat ein Faible für die freie Musikszene und eine besondere Vorliebe für Jazz. Ihre Kunst zeigt denn überraschende Ähnlichkeiten mit dem experimentellen Musikstil: Wie bei der im Jazz üblichen Improvisation entfaltet die Künstlerin intuitiv und mit einfachsten Grundbestandteilen virtuose Konstellationen. Und auch der Titel ihrer Einzelausstellung in der Galerie see you next tuesday ist eine Hommage an den Song It never entered my mind von Jazzlegende Miles Davis.

Fortwährend justiert die Künstlerin die Instrumente ihrer orchestralen Kompositionskunst: So hat sie unlängst ihr statisches Formenuniversum mit organischen Körpern herausgefordert. Angenähert hat sie sich sanft gerundeten Körpern mit einer Serie von Gouache Bildern. «Beim Zeichnen habe ich viel John Coltrane gehört», erinnert sich Mietrup. Anlässlich der Ausstellung überführt sie die geschwungenen Formen nun ins Skulpturale und zeigt eine Serie von Wandkompositionen. Man darf also gespannt sein, zu welchen fantasievollen Vorstellungen uns Mietrups Kunst mit ihren neuen Werken anregen wird.

Text: Rik Bovens
Fotos: Jana Jenarin Beyerlein

  • Laura Mietrup
  • Laura Mietrup
  • Künstlerin Laura Mietrup
  • Künstlerin Laura Mietrup

Friedensforscherin

Isabel Prinzing

Wie organisiert man Frieden in einer Zeit, in der dich ein Like auf Instagram deine Karriere kosten kann? In der Kriege und Konflikte vielerorts den Reflex auslösen, im Internet oder auf der Strasse Haltung zu zeigen, für die eine oder die andere Seite? Wir beobachten dann Stellungen, Positionen, Ansichten und Haltungen und wo keine Haltung, Stellung oder Position zu sehen ist, da vermuten wir Feigheit oder wenigstens eine faule Unlust, die eigenen Privilegien zu checken. Was in diesem Halbraum zwischen Strassenkampf und online-Debatte nicht so viel Platz hat, ist Frieden. Ist Frieden irgendwie out, Isabel Prinzing?

Isabel Prinzing, 34-jährig, organisiert das Basel Peace Forum mit 500 Gäst:innen aus aller Welt. Einmal im Jahr treffen sich in Kleinbasel Diplomat:innen, Forscher:innen, Entwicklungshelfer:innen, Aktivist:innen und Künstler:innen, um genau darüber zu sprechen: Frieden, wie geht das nochmal? «Wenn ich dieses jährliche Treffen zur Grundlage meiner Antwort nehme», sagt Prinzing, «dann lautet meine Antwort klar: Nein, Frieden ist nicht out.»

Aber Frieden hat ein Imageproblem. Wer im globalen Westen die Augen schliesst und an «Frieden» denkt, sieht höchstwahrscheinlich folgende Bilder und Szenen: Eine Friedenstaube. Zwei alte Männer, die sich die Hand geben. Menschen, die Fähnchen schwingen. Vielleicht singt jemensch ein Lied. «Davon müssen wir wegkommen», sagt Prinzing, die sich in ihrer Doktorarbeit mit Visualisierungen des Friedens befasst.

«Frieden ist kein eingefrorener Bildschirmschoner für Alt-68er. Frieden ist komplex. Und Friedensarbeit ist vor allem eines: immer in Bewegung.»

Das Basel Peace Forum gibt es seit 2017. Es ist die jährliche Konferenz von swisspeace, einer Stiftung an der Schnittstelle von Forschung und Praxis der Friedensförderung. Die Organisation ist unabhängig, jedoch assoziiert mit der Universität Basel und erhält teils öffentliche Gelder von Bund und dem Kanton Basel-Stadt. Prinzing arbeitet dort seit 2017. Sie nennt es «schon fast eine Ewigkeit». Seither arbeiten Prinzing und das Basel Peace Forum daran, das Feld der Friedensförderung aufzulockern. «Traditionellerweise berücksichtigt die Friedensförderung stets dieselben Akteure», sagt Prinzing. Tendenziell erfahrene Männer und Frauen mit akademischem Hintergrund und Bezug zu Diplomatie oder Politik. «Aber Frieden braucht auch andere Player», findet Prinzing.

Heute kommen Künstler:innen ans Peace Forum, aber auch Architekt:innen, Städtebauer:innen oder Sportler:innen. Sie haben andere Perspektiven auf Konflikte und das ist wertvoll, denn es geht um Details: Wo werden Strassen wieder aufgebaut, wenn sie zerstört wurden? Welche Orte sind wichtig für die DNA einer Stadt und für wen sind sie wichtig? Solche Fragen beantworten sich nicht am Schreibtisch. Basel bietet darum auch nur die Bühne für Austausch. Das Basel Peace Forum hat keine Ableger, swisspeace keine Büros in Konfliktgebieten, sondern Partnerschaften in ausgewählten Kontexten. Prinzing nennt es den «Light Footprint Approach. Friedensförderung dürfe sich nicht als «Weisses Rettertum» inszenieren. Unterstützung anbieten, ja. «Aber wir schreiben niemandem vor, wie er es besser zu tun hat – und oft ist die entscheidende Expertise bereits vor Ort vorhanden.»

Wie kriegt Frieden wieder mehr Aufmerksamkeit, Isabel Prinzing? «Darauf gibt es keine einfache Antwort», sagt Prinzing. Im sozialen Nahfeld könne man Dinge verändern, indem man bei Konflikten nicht gleich den Kontakt abbreche. «In Kontakt bleiben hilft.» Mit Blick auf globale Konflikte wünscht sich Prinzing ausserdem dies: «Ein bisschen mehr Zeit, ein bisschen mehr Durchatmen, bevor wir zu allem eine Meinung äussern. Das wäre gut.»

Text: Daniel Faulhaber
Fotos: Pati Grabowicz

I Never Read, Art Book Fair Basel Gründer:innen

Johannes Willi & Eveline Wüthrich

Andy Warhol sagte mal, dass er nie lese und nur Bilder anschaue. Ein Teil dieser Aussage ist Namensgeber der wohl beliebtesten alternativen Kunst und Design Buch-Plattform während der Basler Kunstmesse-Woche. Unsere Autorin hat sich mit den Gründer:innen von I Never Read, Art Book Fair Basel, über die ambivalente Liebe zu Print und dessen Bedeutung im digitalen Zeitalter unterhalten.

Im Rossstall und Hof der Kaserne Basel findet man die beiden jedes Jahr Mitte Juni zwischen Zines, Kunstbüchern, Leporellos, Plakaten und anderen Druckerzeugnissen. Hinter der I Never Read, Art Book Fair Basel steckt das Künstler:innen Paar bestehend aus der Kuratorin und Kunsthistorikerin Eveline Wüthrich und dem Künstler Johannes Willi. Der Ursprung der Plattform ist zeitgleich an ihre eigene Geschichte geknüpft, denn sie ist aus der Liebesbeziehung der beiden und ihrer gemeinsamen Leidenschaft zu Kunstpublikationen entstanden. «Irgendwie ist es erstaunlich, dass wir das immer noch und weiterhin mit so viel Liebe machen…. und auch weiterhin zusammen sind», lacht Willi beim Gedanken an die letzten dreizehn Jahre seit der Gründung. Genauso wie sich ihre Beziehung seit den Anfängen gefestigt hat, hat sich auch ihr «Baby» über die Jahre gewandelt und sich vom Geheimtipp zu einem festen Agenda-Highlight der Art Basel-Woche entwickelt. Platztechnisch noch weitaus kleiner als internationale Geschwistermessen wie die African Art Book Fair oder die abC Art Book Fair Beijing, bewahrt sich das Duo die Ursprünglichkeit des Projekts. Zwar haben sie mittlerweile Künstler:innen und Verlage aus sämtlichen Kontinenten in ihrem Portfolio, dennoch stehen sie dem Rummel rund um die Kunstmesse-Woche nicht unkritisch gegenüber. «Wir wollen weiterhin frei zugänglich und abwechslungsreich bleiben. Darum setzen wir neben wiederkehrenden Gästen auch auf neue Initiativen von jungen Gestalter:innen, die davor noch keine grosse Plattform hatten. In Anbetracht der Klimakrise liegt es aber natürlich nicht drin, Menschen aus der ganzen Welt für eine Woche nach Basel einzufliegen», so Wüthrich zum Dilemma zwischen Programm Anspruch und Nachhaltigkeit.

Ihre Haltung spiegelt sich auch in ihren gestalterischen Entscheidungen wider. Um den eigenen ökologischen Fussabdruck noch geringer zu halten, haben die Betreiber:innen dieses Jahr eine Entscheidung getroffen: Es gibt für die diesjährige Ausgabe zum ersten Mal keine eigenen Druckmittel. Für eine Messe, die Publikationen feiert, ist das ein radikaler Schritt. Die Kommunikation verläuft ausschliesslich digital und Einladungen werden eingesungen und per WhatsApp verschickt. Auf Spotify können diese in einem Album, gegliedert in Tracks wie «Invitation», «Location» oder «Catalogue», nachgehört werden. Grund zur Angst, dass gewisse potentielle Besucher:innen das neue Kommunikationskonzept nicht verstehen und sie ihnen dadurch wegfallen, besteht aus Sicht Willis nicht. Für ihr Team ist das Format um die eigentliche Plattform ein stetiges Ausloten von potenziellen Veränderungen und Durchführbarkeiten:

«Wir probieren uns gerne aus, schauen was passiert und lernen auch aus Fehlern dazu, was wiederum den Stoff für gute Geschichten gibt. Das Spielerische macht es für uns auch nach dreizehn Jahren noch spannend und motiviert uns, dran zu bleiben.»

Eine Frage bleibt dennoch: Wenn alles ins Digitale verschwindet, haben dann die Verfechter:innen von «Print is Dead» letzten Endes doch Recht behalten? Willi und Wüthrich sehen den Rückzug der eigenen Printmedien pragmatisch, da es sich dabei vor allen Dingen um ein ergänzendes Angebot für Aussteller:innen und Besuchende handelt. Das physische Buch stehe weiterhin im Zentrum und werde überleben. Insbesondere bei Kunstbüchern, die weniger zeitgebunden sind als Magazine, eine spezifische Klientel bedienen und in kleineren Auflagen erscheinen, bestehe ein anderer Anspruch bei der Herstellung, dem Vertrieb und Konsum. Darüber hinaus zeichnet sich nebst dem breiten Podcast- und E-Book-Angebot auch eine Gegenbewegung ab. «Das zeigt der Erfolg der vielen art book fairs, wo man sieht, wie wichtig das physische Buch auch für die nächste Generation bleibt.» Ein weiteres Indiz, dass uns Printprodukte und deren Messen noch eine Weile erhalten bleiben werden, sieht das Paar im persönlichen Austausch und dem Charme des Stöberns. Wüthrich: «Einer meiner Lieblingsbuchläden ist 0fr. in Paris. Ich mag, dass er so klein, eng und voll ist. Ich gehe jedes Mal, wenn ich in Paris bin dorthin, viel mehr zur Inspiration und nicht um etwas zu kaufen». Willi abschliessend: «Ähnlich verhält es sich bei Bibliotheken. Das Buch ist ein sehr demokratisches Medium und für viele zugänglich. Wenn Besucher:innen auf die Menschen hinter den Büchern treffen, entsteht ein zusätzlicher und sehr persönlicher Moment des Austauschs, den wir gerne ermöglichen.»

Die I Never Read, Art Book Fair Basel findet vom 12.–15. Juni in der Kaserne Basel statt. Wenn Willi und Wüthrich nicht gerade «nur die Bilder anschauen», lesen sie auch gerne Belletristik. Ihr aktueller Buchtipp: Sommer in Odessa von Irina Kilimnik.

Text: Samara Leite Walt
Photos: Pati Grabowicz

Künstler

Tobias Kaspar

Unsere Konsumgesellschaft liefert ihm den Stoff für sein Schaffen. Der in Kleinbasel aufgewachsene Künstler Tobias Kaspar zeigt Ausschnitte historischer Textilien als überdimensionale Fotoprints oder bedruckte Leinwände mit Screenshots von Online-Shops namhafter Luxusmarken mit floralen Mustern. Mit seiner Kunst seziert Kaspar globale Marktmechanismen, legt gesellschaftliche Stereotypen offen, gibt ihnen einen neuen Kontext und präsentiert seine Werke in rigoros inszenierten Ausstellungen. Seine Arbeit ist geprägt von Sanftheit, Eleganz sowie Präzision und zeigt oft eine Nähe zum Textilen. Tatsächlich setzt sich der Künstler intensiv mit der Modebranche auseinander und durchleuchtet, wie sie in uns das Verlangen nach scheinbar wertvollen Produkten weckt. Wie ein Hacker verschafft er sich Zugang zu diesen Systemen des Konsums, eignet sich deren Werkzeuge an und adaptiert sie auf sein künstlerisches Schaffen. Der Konzeptkünstler übernimmt für seine Arbeit die Herstellungstechniken oder sogar die Produkte der Luxusindustrie, imitiert das Auftreten der exklusiven Modeunternehmen und spielt mit Kopie und Repetition. Seine Projekte sind als systemische Kompositionen zu verstehen, die er wie ein Art Director orchestriert. Er hat seinen Namen zum Autoren-Brand ausgebaut und bespielt seine Ausstellungen mit Allover-Prints seines Logotypes, versieht ausgediente Kleidung im Rahmen eines Tausch-Projektes damit, oder produziert eine eigene Jeans Kollektion. Damit hinterfragt die Kunst von Kaspar unser Verständnis von Autorschaft und die Rolle von Kunstschaffenden.

Mit seiner jüngsten Arbeit geht der Künstler nun noch einen Schritt weiter: Er vermarktet ein Jahr seiner Lebenskosten in Tageseinheiten und nutzt dazu das System der Cryptowährungen. In Zusammenarbeit mit Ugo Pecoraio, Kommunikationsverantwortlicher im HEK (Haus der Elektronischen Künste) Basel, und der Kunststrategin Andrea Lucia Brun hat er im vergangenen Jahr die auf Blockchain basierte Währung Day entwickelt. Seinen Ursprung hat das Geld im Projekt Rented Life, in dessen Rahmen sich Tobias Kaspar während der Pandemie Teile seines Lebensunterhalts finanzieren liess. Eine Gruppe von Kunstsammelnden bezahlten Gemüsekorb, Putzmittel oder Pilateslektionen des Künstlers, der im Gegenzug eine vertraglich vereinbarte Menge an Kunstwerken anfertigte. Die entstandenen Arbeiten wurden 2021 im Genfer MAMCO ausgestellt, das Migros Museum für Gegenwartskunst nahm in der Folge die abgeschlossenen Verträge in seine Sammlung auf und unterstützte die Weiterentwicklung des Projekts. Mit Day hat Tobias Kaspar nun ein hauseigenes System zur Hand, das ihm in seinen künftigen Arbeiten als Baustein für das Aufspannen seiner künstlerischen Kompositionen dient. In einem ersten Schritt wird eine Edition von 366 physischen Münzen geprägt, eine Münze für jeden Tag des aktuellen Schaltjahres. Jeder dieser Coins kostet 210 Schweizer Franken und entspricht damit dem Wert der täglichen Lebenskosten des Künstlers. Lanciert wird Day just zur Art Basel:

Mit der Ausstellung Day Flowers bespielt Tobias Kaspar während der Art Basel-Woche das traditionsreiche Blumenhaus Mäglin an der Clarastrasse mit seiner künstlerischen Signatur. Trotz Präsenz in unmittelbarer Nähe zur Messe werden jedoch keine Werke gezeigt und verkauft. Stattdessen wird das übliche Blumensortiment angeboten, wobei die Blumenarrangements für eine begrenzte Zeit in einem von Tobias Kaspar gestalteten Packpapier erhältlich sind. Ob unter der Ladentheke des Blumengeschäfts dann letztlich doch der eine oder andere Day-Coin getradet wird, lässt der Künstler mit einem Schmunzeln offen.

Text: Rik Bovens
Photos: Pati Grabowicz

Künstler und Künstlerin

Jeronim Horvat & Maya Hottarek

Am Anfang war da der Hang im Tessin. Nein, dies wird kein Beitrag über eine Künstler:innen Kolonie auf dem Monte Verità. Aber fast. Wenige Kilometer entfernt und mehr als ein Jahrhundert später, hat sich das wahlbasler Künstler:innen-Paar Jeronim Horvat und Maya Hottarek im beschaulichen Russo in ein baufälliges Bauernhaus verliebt und mit dem Community-Projekt Studio LaBola ihre eigene Idee einer zeitgenössischen Kunst-Residenz verwirklicht. Der Name stammt naheliegend vom gleichnamigen Hügel und bedeutet aus dem Lokalkolorit ins Deutsche übersetzt so viel wie «fruchtbarer» oder «feuchter Fleck». Dies ist nicht nur sinnbildlich für die geografische Lage des Baus, denn das Gebiet um LaBola wird von zwei Flüssen umringt und der Boden ist entsprechend sehr ertragreich: «Letztes Jahr haben wir Tomatenreste hinter dem Haus entsorgt. Und an jener Stelle ist mittlerweile eine Staude angewachsen. Auch Melonen und Gurken gedeihen dort wunderbar.», meint Horvat. Auch die Künstler:innen-Gemeinschaft wächst. Deren Kernteam besteht nach wie vor aus Horvat und Hottarek sowie der Architektin Yangzom Wujohktsang, in ihrer ersten Saison im Sommer 2023 sind bereits über ein Dutzend Teilnehmer:innen unterschiedlichster Disziplinen und Altersgruppen einer Einladung an den zuvor brachliegenden Ort gefolgt. Für Hottarek ist die Grundidee hinter Studio LaBola weitaus mehr als ein Restaurierungsprojekt:

«Wir verstehen die Ruine, deren Pflege und deren Nutzung als Atelier und Residenzstätte, als sich wandelnde Skulptur, um die sich eine Community bildet».

Das Tessin als Destination für Vertreter:innen aus der Kunst- und Literaturwelt ist nicht neu. Von Fischli/Weiss über Max Frisch und Meret Oppenheim, bis hin zu Sophie Taeuber-Arp, zog es alle zu einem gewissen Zeitpunkt ins Ticino. Doch nicht nur sie: Aussteiger:innen, Anarchist:innen, Heiler:innen und Intellektuelle fühlten sich seit dem 19. Jahrhundert dort hingezogen und auch für regimekritische Andersdenkende dienten die Täler für lange Zeit als Zufluchtsort. Hottarek hierzu: «Es ist ein sehr politischer Ort. Viele Dissidenten haben sich zur Zeit des italienischen Faschismus dort versteckt und wurden von den Leuten im Tal geschützt. Es gab auch eine anarchistische Bewegung im Tal. Dieser Geist ist heute noch zu spüren. Auch die Tatsache, dass, anders als im Maggia Tal, der Tourismus hier noch keinen Einzug gehalten hat – an gewissen Stellen hat mensch schlichtweg keinen Handyempfang – trägt zu diesem wilden Kraftort bei.» Doch wie kommt das bei den Locals an, wenn Städter:innen aus der Nordwestschweiz sich ihren Ort zu eigen machen? Horvat lacht: «Erstaunlich gut. Wir sind ja auch nicht von einem Tag auf den anderen mit der Tür ins Haus gefallen, sondern hatten uns davor bereits eingehend mit dem Tal auseinandergesetzt und sind aktiv auf dessen Bewohner:innen zugegangen. Sie stehen Initiativen von jungen und neuen Leuten sogar sehr offen gegenüber, da das Tal immer älter wird und Neuzuzüger fehlen.» Durch zahlreiche Aufenthalte und Gespräche mit den Menschen vor Ort hätten diese gespürt, dass das Künstler:innen-Paar ernsthaftes Interesse an etwas Nachhaltigem habe. «Letzten Sommer waren wir auch zum Dorffest eingeladen und wir werden auf der Strasse gegrüsst, da sie uns mittlerweilen kennen», so Horvat weiter. Hottarek fügt an: « Ich selbst bin unweit von dort geboren und in meiner Kindheit viel da gewesen. Deswegen kannte ich die Gegend und konnte sie so wiederentdecken. Obwohl unsere Base in Basel ist und wir für unsere Arbeiten viel unterwegs sind, bedeutet jener Fleck für mich schon ein stückweit Heimat».

Der Weg dorthin verlief jedoch nicht ganz ohne Hürden. Denn ihre «Skulptur», wie sie das Haus liebevoll nennen, ist eines der ältesten Häuser im Tal und die letzten drei Besitzer:innen haben seit einem Jahrhundert keine Instandhaltungsarbeiten daran vorgenommen. Historisch hätte einmal ein Museum daraus werden sollen. Der Hang, auf dem das Haus steht, ist jedoch sehr steil, das Leben im Bergtal hart und vergangene angerissene Projekte wurden nicht zu Ende gebracht. Ein weiterer Knackpunkt: Die Finanzierung. Denn auch der eigens für das Projekt gegründete Verein kriegt für den Unterhalt und das Residenzprogramm noch keinen Zustupf und finanziert die eigentliche Restauration selbst. Ausserdem ist der Ort nach wie vor eine Ruine und daher sind bisher ausschliesslich Sommeraufenthalte möglich. Wie finden die Betreiber:innen angesichts dieser Herausforderungen, die Motivation weiterzumachen? Für Horvat liegt die Antwort im Ort: «Als Kunstschaffender komme ich dort auf die besten Ideen. Ich mag Basel und liebe das Stadtleben. Doch im urbanen Atelier befindet man sich manchmal einfach in einer Art Tunnel und sieht dessen Ende beim Produzieren nicht mehr. Das Bergtal und dessen Flüsse ermöglichen mir wiederum, Abstand zu nehmen, neue Impulse zu erhalten und die Dinge klarer zu sehen».

Bleibt noch die Frage, wie sich ihre Residenz denn von anderen im In- oder Ausland unterscheidet. Horvat erklärt:: «Das, was Studio LaBola letztlich ausmacht, ist, trotz unseres Beitrags, die Ursprünglichkeit des Ortes. Er ist so abgelegen und gerade deswegen ist es schön, ihn mit anderen Leuten und in Einklang mit dessen Flora und Fauna zu teilen.» Die Natur sei sehr stark und mensch müsse sich den Platz erkämpfen. So gebe es in der Umgebung einen alten Wanderweg, der seit 50 Jahren nicht mehr benutzt wurde. «Gerade sind wir dran, diesen wieder aufzubereiten und zu markieren». Vieles passiere gezwungenermassen bewusster. Mensch könne als Maler:in beispielsweise nicht einfach Chemiefarben irgendwo auswaschen und müsse hauptsächlich mit natürlich abbaubaren Materialien und den Gegebenheiten des Ortes arbeiten, Sachen wiederverwerten und Wissen darüber unter den Teilnehmer:innen teilen. So gab es letztes Jahr nebst Wanderungen und gemeinsamen Flussbesuchen auch Workshops, wie mensch Künstler:innenbedarf mit dem, was der Ort hergibt selbst herstellt und ein Experte zeigte ihnen, wie sie Trockensteinmauern für den Bau anlegen können.

Trotz ihres Wirkens im Bergtal mischt das Duo auch weiterhin in der Basler Kunstszene mit eigenen Arbeiten und originellen Initiativen mit. Als nächstes steht für die beiden, neben eigenen Ausstellungen, in ihrem Hauptdomizil und Offspace Fondazione Housy eine Gruppenausstellung an. Dieses Nebenprojekt betreiben sie mit ihren Mitbewohner:innen im Kleinbasel. Die Ausstellung findet in Zusammenarbeit mit anderen Galerien & Künstler:innen in der Kunstmesse-Woche vom 12.–16. Juni 2024 statt.

Text: Samara Leite Walt
Fotos: Pati Grabowicz

Fussballerin

Margarita Gidion

Margarita Gidions Eltern sind vor dreissig Jahren von Kasachstan ins Lörracher Hünerberg Quartier gekommen. Fussball war in dieser Zeit, wegen den Lebensumständen und dem kontinuierlichen Umziehen, vor allem für ihren älteren Bruder eine willkommene Abwechslung. Und obwohl sie Fussball erst gar nicht mochte, musste die kleine Schwester immer mit. Heute ist das anders. Die 29-jährige spielt im Frauenteam des FC Basel, hat eine beachtliche Karriere hinter sich, mit Stationen beim SC Freiburg, SGS Essen, FFC Frankfurt, und SV Werder Bremen – und sie ist Weltmeisterin mit der Deutschen U20. «Emotional gesehen war es das allerschönste Erlebnis. Da habe ich erst gemerkt, was Teamgeist bedeutet.» Dieser Zusammenhalt trug sie 2014 bis ins Finale in Montreal, welches das deutsche Team mit 0:1 gegen Nigeria gewann.

All diese fussballerischen Erfahrungen aus rund 15 Jahren Leistungssport bringt Gidion ins Team des FC Basel mit. Davon profitieren auch jüngere Spielerinnen, die, wie sie damals, heute erst 20 Jahre jung sind. Sie sagt jedoch: «Erfahrung hat nicht so sehr etwas mit Alter zu tun, sondern wie oft man etwas gemacht hat.» Gidion hat durch ihre Laufbahn einmal quer durch Deutschland und wieder zurück in die Heimatregion und auf Grund der Begegnungen mit unterschiedlichsten Kulturen und Menschen, viel erlebt. Die offene und authentische Frohnatur wird im Gespräch ernst und ruhig, als sie über Rassismus, Benachteiligung, den Umgang mit Queerness und den innerlichen Druck spricht. Themen, die sie auf langen Busfahrten mit Mitspielerinnen diskutiert, aber auch in ihrer Familie Thema sind. «Wenn es im Fussball scheisse läuft, ist es privat auch schwierig. Ich geh zu Feiern und es wird nur über Fussball geredet, man ist halt Maggi die Fussballerin, auch wenn ich manchmal gar nicht darüber sprechen möchte.» Aktuell läuft es jedoch ganz gut: Ihr Team steht im Halbfinale und spielt um die Schweizer Meisterschaft (Stand Anfang Mai). Darauf liegt aktuell ihr Fokus und trotzdem muss die ausgebildete Gross- und Aussenhandelskauffrau bereits über die Zeit nach ihrer Karriere als Sportlerin nachdenken. Themen abseits vom Platz nehmen nun im Leben von Gidion mehr Raum ein. In ihrer Freizeit fotografiert sie gerne Menschen mit ihrer Analogkamera, geht viel in die Natur und lernt die Stadt Basel dabei erst richtig kennen. «Früher war Basel für mich wie der Elefantenfriedhof für Simba, bei Der König der Löwen.», quasi das verbotene Land, schliesslich war das nahe Ausland als junger Mensch mit wenig Mitteln viel zu teuer. Ihre Meinung zur Stadt hat sich jedoch geändert. Heute vergleicht sie Basel mit einer Blumenwiese. Sie geniesst den Rhein, an der Birs und in den umliegenden Wäldern schaltet sie ab und sie interessiert sich für Dinge wie Architektur und Kunst, was früher gar nicht der Fall war. «Basel hat alles, was es braucht.» Nur das Essen sei ihr immer noch zu teuer, witzelt sie.

Überhaupt scheint sie Spässe zu mögen. Sie wirkt sehr locker und offen, auch beim Fototermin, für den sie sich das Museum Tinguely als Ort ausgesucht hat. Dabei kommen wir auf die Schnittmenge von Fussball, Kunst und die Fasnacht zu sprechen. Drei Themen, die Basel anders ticken lassen, in Ekstase versetzen und Identifikation bedeuten – Kultur eben. Der Künstler Jean Tinguely, dem das Museum mit Blick auf den Rehin gewidmet ist, war ein Brückenbauer zwischen Kunst und Fasnacht und hat in 20 Jahren bei der Kuttlebutzer-Clique einige legendäre Sujets entworfen. Für viele Fans ist auch die erste Teilnahme der 1. Mannschaft des FC Basel in der Champions League 2002/03 unvergessen. Das Spiel im Old Trafford in Manchester fand am Fasnachts-Mittwoch statt, was dazu führte, dass einige Fans in ihren Fasnachtskostümen am Gate standen. Gidion kommen weitere Anknüpfungspunkte in den Sinn, beispielsweise das aussergewöhnliche Fasnachts-Trikot welches an den Spielen rund um die drey scheenschte Dääg getragen wird. Während des Gesprächs im Museum Tinguely wird klar, wieso sie ausgerechnet diesen Ort ausgesucht hat. Für den Künstler Jean Tinguely galt: «Es bewegt sich alles, Stillstand gibt es nicht.» – eine Parallele zum bewegten Leben der Fussballerin.

Text: Claudio Vogt
Fotos: Pati Grabowicz

Musikproduzentin, Sängerin, Rapperin

Alexia Thomas

Alexia Thomas, ursprünglich aus Oberdorf im Waldenburgertal, trägt Ideenreichtum und Antrieb für mehr als nur eine Karriere in sich, das zeigt sich beim Gespräch im Kleinbasler Klara schnell. Die 23-Jährige ist Musikproduzentin, Sängerin und Rapperin. Sie ist bei den Vereinen Helvetiarockt und HitProducer als Producing Coach tätig, studiert Prozessgestaltung am HyperWerk der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel und kuratierte kürzlich Musik für die Dan Flavin Ausstellung im Kunstmuseum Basel.

Mit neun Jahren begann Thomas Klavier zu spielen, inspiriert durch eine Freundin. Auf dem weiteren Weg traf sie auf viel Zuspruch und Menschen, die sie förderten, nicht zuletzt in der Familie durch ihre Geschwister und ihren Götti, die ebenfalls Musikbegeisterte sind. Für die Autodidaktin war früh klar: «Ich wollte nicht auf andere angewiesen sein und habe mir das Producing selber beigebracht.» Das erste Publikum, noch im privaten Kreis, war teils irritiert von der Nonkonformität ihrer Werke. «Speziell», hiess es dann oft. Thomas war unbeeindruckt, ging ihren eigenen Weg und erlag nicht der Versuchung, das zu tun, was anderen gefiel. So lässt sich ihre Musik noch heute in kein Genre drängen und könnte bestenfalls als Fusion bezeichnet werden.

Der Song Before We Fall fühlt sich wie eine heisse Sommernacht an, Belong ist dystopisch, Soundwaves ein Track für ein Roadmovie. Vunerable auf der gleichnamigen EP von 2022 beschreibt u.a. das Gefühl, als junger Mensch das erste Mal vor Publikum seine ganzen Facetten und seine Persönlichkeit in Form eines Konzertes auszubreiten. Erst recht, wenn der Weg ein unkonventioneller, noch unbeschrittener ist. Die Musik von Thomas verlangt bei den Hörenden eine Offenheit gegenüber dem Unbekannten. Der Begriff der Avantgarde ist hier nicht falsch, trotz des jungen Alters, oder gerade deshalb, und dazu gehört eben auch, sich manchmal verletzlich zu zeigen und Risiken einzugehen.

Genau das hat Thomas gemacht, nicht zuletzt an der Plattentaufe von genannter EP, bei der sie im Anschluss spontan angefangen hat, auf Hochdeutsch zu rappen, was niemand erwartet, aber alle gefeiert haben.

«Mir bereitet es Freude, neben der ruhigen und organischen Musik auch upbeat Dinge mit erhöhter Energie zu produzieren.»

– dudette war geboren.

Wenn die Musikerin anfängt über ihr zweites Projekt, dudette, zu sprechen, verändert sich ihr Temperament. Zu der ansteckenden Leichtigkeit, mit der sie ihre Arbeit beschreibt, kommen Schalk, wilde Gesten und ein noch breiteres Lachen hinzu. Sie sagt Dinge wie «der Rest ist History» und schliesst Sätze mit «aight». dudette ist vielleicht eine weitere Persona, aber genauso persönlich, echt, und ein Teil des Menschen, für den es keine Genres und Grenzen in der Musik gibt. Es scheint fast so, als ob Thomas uns, das Publikum, nicht überfordern möchte, und darum diesen weiteren Kanal für ihre unermüdliche Kreativität geschaffen hat. 2023 erschien die erste EP und kürzlich die Single COOL CUZN zusammen mit der Basler Rapperin svmthoX – Sommerhit Potential!

Zurück zu Alexia Thomas: am 21. Juni erscheint die erste Single Welcome to Peace des kommenden Albums Based on a Dream mit 15 Songs, auf denen auch andere Musiker:innen zu hören sind. «Der Start einer neuen Ära mit Einflüssen von Dream-Pop, Indie, Electronica aber auch vielen Alexia Thomas Originals.» Es erscheint bei Forcefield Records, ein TINFA* Kollektiv aus Bern, das ebenso wie Thomas daran interessiert ist, Muster zu dekonstruieren. Ein erstes Mal spielt Thomas einige der neuen Songs am Freitag, den 19. Juli 2024 am Gurten Festival. Wer weiss, vielleicht betritt dudette auch noch spontan die Bühne.

Text: Claudio Vogt
Fotos: Jana Jenarin Beyerlein

(Queer-)feministischer Lesezirkel

Blasphemic Reading Soirées

Was tun, wenn frau in der Lektüre nicht vorankommt und der Text sich sperrig verhält? Diese Frage stellte sich auch Miriam Coretta Schulte vor rund zehn Jahren, als sie sich mit Donna Haraways A Cyborg Manifesto auseinandersetzte. Nach abgeschlossenem Studium in Angewandter Theaterregie- und Kulturwissenschaften vermisste sie es, sich gemeinsam mit anderen über gelesene Inhalte auszutauschen. Schulte erinnert sich: «Ich war damals noch ziemlich neu in Basel und dachte mir: ‘Du kannst doch nicht einfach Leute fragen, ob sie mit dir lesen wollen.’» Also stellte sie ihnen eine Falle und machte ein Happening daraus, bei dem ein Drink gemixt wurde, der zum Buch passte. Zwar waren die ersten Teilnehmer:innen miteinander befreundet und grundsätzlich an feministischen Themen interessiert, jedoch divers, was Vorbildung, Sichtweisen und Alter anging. Schnell stand fest: das Ganze sollte bald wieder stattfinden. So nahmen die Blasphemic Reading Soirées, damals noch unter anderem Namen, ihre Anfänge. Von Beginn an mit dabei war Katharina Brandl, die das Format über den Freundeskreis hinaus trug und das Projekt für andere öffnete. Schulte dazu: «Es ist wichtig, nicht nur mit den eigenen Leuten zu diskutieren. Feministischer Diskurs betrifft ja alle, nicht nur uns.» Doch auch die Struktur der Lesegruppe für gewaltige Theorien, wie sie damals hiess, wandelte sich. Schulte beschäftigte sich in ihrer Masterarbeit mit ortsspezifischen Projekten und so wurden die speziellen Drinks gegen wechselnde Orte und Kollaborateur:innen eingetauscht. «Schnell war für uns das Text-Echo interessanter als die Frage, welcher Drink dazu passen könnte. Orte sind sinnlich stärker als ein Getränk. Lesen sollte eine Erfahrung sein, die kollektiv, physisch und experimentell ist».

Was bis heute blieb, ist ihr performativer Zugang zu den teils doch sehr anspruchsvollen Essays. Für Schulte kein Hindernis: «Wir vertrauen mittlerweile auf die Struktur, die wir vorgeben. Ausserdem wollen wir einem Text gar nicht in seiner ganzen Fülle gerecht werden, sondern ihn vielmehr aufbrechen und gemeinsam dessen Eingemachtes erkunden. Es entsteht eine soziale Skulptur, allein schon durch den Akt des gemeinsamen Lesens». So gäbe es keine dummen Fragen und beziehe sich das «Blasphemic» im Namen trotz abgehaltener Friedhofslesungen nicht auf die Inhalte, sondern die Art und Weise wie gelesen wird und diese sei nicht klassisch-akademisch. Dass dieses rituelle Lesen auch explosiv sein kann und die behandelte Literatur und Theorien nicht bei allen Anklang finden, zeige sich situativ. So komme es vor, dass selbsterklärte Maskulinisten und politisch Andersdenkende vor einer Lesung Hassparolen, Drohungen und andere irritierende Nachrichten hinterliessen. Für Schulte, welche die Plattform heute gemeinsam mit Performance Künstler:in Tyra Wigg sowie Tänzer und Choreograf Alessandro Schiattarella leitet, war dies bis anhin kein Grund aufzugeben:

«Das aufregend-gefährliche beim Lesen liegt darin, dass dabei Ideen entstehen können. Jedes Buch kann ein Sprengkörper sein, wenn es auf entsprechend fruchtbaren Boden fällt.»,

das wissen auch ihre Mitstreiter:innen Alessandro Schiattarella und Tyra Wigg. Wenn das Kollektiv um einen Text zusammenkomme, dann multiplizieren sich diese Ideen und Perspektiven. Daraus können wiederum neue Energien und Realitäten entstehen.

Nach fast zehn Jahren ist heute ein guter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen und auf die Lieblingsmomente der vergangenen 31 Ausgaben zurückzublicken: «Da gibt es so viele. Beispielsweise unser Kinky Play Studio mit ACDE Flash, einer sexploratory Konzeptkünstlerin. Sie brachte viele Tools mit und es war spannend zu sehen, wie sich Experimentieren und Lesen vermischten. Der Raum hat das Geschriebene abgelöst und es wurde spielerisch über Einverständnis und Schmerz geredet, Zwickklammern ausprobiert, und Akupunkturnadeln durch die Haut gestochen. Als Organisator:innen war das für uns unvorhersehbar, ob die Leute sich darauf einlassen würden».

Auf ihrer Schauplätze-Bucketlist stehen auch eine Sauna oder ein Coiffeursalon, doch die Lesereihe wird in ihrem bisherigen Format diesen September eingestellt. Da das Projekt durch das Sparten-Raster hindurch fällt und sich keiner festen Kategorie wie Theater oder Musik zuordnen lässt, fehlen die entsprechenden Fördertöpfe und es zeigt sich die Schwerfälligkeit der entsprechenden Institutionen. Diese fördern zum Teil auch Sonderinitiativen, dies jedoch meist einmalig und nicht längerfristig. «Unser aktuelles Funding läuft noch bis zum Herbst. Vorläufig wird dann unsere letzte Soirée kommen, die gleichzeitig ein Fest zum Zurückblicken sein soll.» Wenn die Organisator:innen über ein mögliches Ende sprechen, heisst es oft, dass sie weitermachen müssen, und sich auch andere Leute einbringen wollen. «In der jetzigen Form, mit den fehlenden Mitteln und mit unserem Anspruch auf Qualität, mussten wir schauen, dass unser Herzensprojekt nicht zur Selbstausbeutung wird. Aber wie es auch kommt, die Idee wird bestimmt überdauern und in irgendeiner Form zurückkehren.»

Text: Samara Leite Walt
Fotos: Pati Grabowicz / Tariq Bajwa

Künstlerin

Kathrin Siegrist

Wir betreten Kathrin Siegrists Atelier im Klybeck-Quartier. Der Raum ist hell, es riecht nach Farbe, Pigmente und Pinsel sammeln sich auf allen Oberflächen, mitten im Raum steht eine Holzbank. An der Decke,in blauen Buchstaben ist der Satz zu lesen: «WE were so many all ready». Grosse Leinwände lehnen an der Wand, auf denen verschiedenfarbige Flächen ineinander übergehen. An diesen arbeitet Kathrin Siegrist aktuell in Anlehnung an ein Stück Land, ein Mekka für allerlei Pflanzen, Insekten und Vögel, welches sich zehn Kilometer ausserhalb von Basel in Deutschland befindet und das sie oft mit ihrer Familie besucht. Dort geht Kathrin Siegrist ihrer Recherche nach: «Es geht mir als Malerin derzeit vor allem darum, von dieser Situation informiert zu werden.» Die Bilder entstehen parallel zueinander und «wachsen gleichzeitig, wie in einem Garten», sagt sie. Spannend ist dabei die Vorgehensweise: Methoden, die die Künstlerin in ihrem Waldgarten wahrnimmt, werden ins Atelier übersetzt. Ihre Malerei befasst sich unter anderem mit dem Umbau organischer Substanzen, ähnlich dem Vorgang der Kompostierung – dem «intuitven Zusammenwirken» von Material, Licht und Farbe, wie Siegrist sagt. Vor dem Fenster des Ateliers mit Blick auf eine Baumkrone entfaltet sich ein leuchtender Frühlingstag, der sich auf den Leinwänden fortzuführen scheint, doch Siegrists Kunst ist keine, die Vorhergehendes abstrahiert darstellt: «Vielmehr verstehe ich sie als konkrete Malerei, die aus einer spezifischen Situation entsteht und erzählt.»

Kathrin Siegrist ist in Basel an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Rollen anzutreffen. Ihre künstlerische Praxis basiert auf Malerei. Die Baslerin ist zudem als Kuratorin, Archivarin oder Vermittlerin tätig. Sie ist Leiterin der Malwerkstatt am Institut Kunst Gender Natur der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel (HGK). Aufgaben, die sie als Teil ihres künstlerischen Schaffens gerne zusammendenkt: «Meine Arbeit ist ein Körper im Wandel», sagt sie.

Seit ein paar Jahren befasst sie sich mit textilen Materialien, darunter ausgedienten Notfallschirmen. Aus diesen erarbeitet sie räumliche Interventionen, die unter anderem in der Fondation Beyeler und in der Kunsthalle Basel ausgestellt waren. Sie formen sich in Resonanz mit den architektonischen Gegebenheiten und verbinden eine organische Weichheit mit einer durch das Material vorgegebenen funktional-technoiden Komponente. Es entsteht der Eindruck von riesigen, beweglichen Körpern. Das ultraleichte Material bringt auch andere Vorteile: ganz in Basel-Fashion lässt es sich leicht zusammenpacken und mit dem Fahrrad transportieren. «Diese Interventionen sind geprägt von einem Denken um weiche Landschaft, um Situationen, die durch Fürsorge, Agilität und Miteinander geprägt sind», sagt Siegrist.

Zusammen mit dem Institut Kunst Gender Natur und Basel Tourismus arbeitet Siegrist an einem weiteren spannenden, neuen Format: Sie organisiert und führt Künstler:innen-Atelier-Touren. Inmitten noch feuchter Farbe, sich auf Fenstersimsen türmenden Modellen und aus Recherchebänden herausquellenden Seitenmarkierungen, haben Interessierte die Möglichkeit, den Künstler:innen Fragen zu stellen und so einen einzigartigen Einblick in deren Arbeitsorte und -weisen zu erhalten. Auf der Führung Ende April wurden uns die Türen zu den Schaffenswelten von Laura Mietrup und Céline Manz im Atelierhaus Klingental geöffnet, die über Materialien sprachen, Aufschluss über Rechercheprozesse gaben und darüber, was es bedeutet, Künstlerin in Basel zu sein.

«Wir wollen den lebendigen und reichen Organismus der lokalen Kunstschaffenden, der für die Stadt von grosser Wichtigkeit ist, zugänglich und sichtbar machen.»,

so Siegrist. Indem zwischen Künstler:innen und Kunstbetrachter:innen neue Schnittmengen kreiert werden, soll die Kunstlandschaft der Stadt Basel dezentraler und breiter erfasst werden können. Die Führungen finden in einmonatigen Abständen an unterschiedlichen Orten statt. Die Namen der Künstler:innen werden erst vor Ort preisgegeben. Das ist Teil des Konzepts. Bei der Führung im Juni geht es ins GGG Atelierhaus, soviel wurde uns dann doch verraten, da arbeiten u.a. die Künstler:innen Anastasia Pavlou und Golnaz Hosseini.

Kathrin Siegrists Arbeit steht in vielerlei Hinsicht für die Verflechtung von oft separat gedachten künstlerischen Praktiken und Bereichen. Besonders wichtig für sie ist das Gemeinschaftliche. «Formen der Zusammenarbeit prägen mein Interesse und meine Praxis: Weder das rein individuelle noch das rein kollaborative, sondern die Kartierung des Spektrums dazwischen, jenseits eines dualistischen Prinzips.», sagt sie. Das Deckenzitat «WE were so many all ready», kommt einem wieder in den Sinn. «Ein bisschen ein Mantra», sagt die Künstlerin auf Nachfrage schmunzelnd zu dem Zitat der befreundeten Dichterin Delphine Chapuis Schmitz. Das WIR, im Zitat grossgeschrieben, scheint Kathrin Siegrist nicht nur bei der Arbeit im Atelier über dem Kopf zu schweben. Die Relationalität und die gegenseitige Verantwortlichkeit, die hier anklingen, werden von ihr weitergedacht und in ihre künstlerische Praxis eingebunden, indem sie neue Verbindungen herstellt und Zwischen-Räume des Austausches kreiert.

Text: Philomena Grütter
Fotos: Jana Jenarin Beyerlein

Schauspielerin und Regisseurin

Nairi Hadodo

Eine junge Frau sitzt auf der Bühne und zieht sich mit Strasssteinen besetzte Overknee-Stiefel an. Nicht einfach da reinzukommen, vor allem wenn der Körper noch halb nass ist. Ein Blick ins Publikum sagt: Ja, das dauert eben – und ihr schaut mir dabei zu.

Nairi Hadodo, 1995 in Köln geboren, ist Schauspielerin, Regisseurin und Autorin. Sie ist Teil der Basler Compagnie am Theater Basel. Das Stück Kim, welches aktuell auf der Kleinen Bühne zu sehen ist, ist ihr erster Soloabend, gleichzeitig hat sie das Stück inszeniert, den Text geschrieben und die Kostüme mitentworfen. Wenn man Nairi Hadodo fragt, wo sie den Mut für ein derartiges Unterfangen hernimmt, dann sagt sie: «Das bin ich».

Mut war schon immer ihr Antrieb, sagt Hadodo.

«Ich komme nicht aus einer Familie, die Kunst gemacht hat. Ich musste den Mut haben, diese Dinge zu machen, weil ich dadurch zu mir selbst gestanden bin.»

Als Frau mit Migrationshintergrund an die Schauspielschule zu gehen, bedeutete auch, dass sie viele Rollen in Film und Fernsehen nicht kriegen würde. «Weil die Besetzung einfach noch nicht so weit war», sagt sie. Mit dem Wissen um strukturelle Einschränkungen kam der Start in den Beruf für sie mit einem anderen Bewusstsein und sie hat gelernt, sich ihre Inseln selbst zu schaffen.

Kim feierte im März diesen Jahres Premiere. Das Stück ist eine Annäherung an die berühmteste Influencerin der Welt: Kim Kardashian. «Mit dieser Frau habe ich nichts zu tun», wird sich die eine oder andere Theatergänger:in denken.

Aber ob man nun das Leben des Kardashian-Clans von Tag eins mitverfolgt hat oder den Namen einer völlig fremden Welt zuordnet: Jede:r hat den Namen Kim Kardashian schon einmal gehört. «Die Frau hat Macht, ob man die mag oder nicht», sagt Hadodo. Kardashian, wie Hadodo ebenfalls armenischer Abstammung, hat 363 Millionen Follower auf Instagram. Time Magazine zählt sie zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt. Sie hat sich selbst mit Selfies zur Milliardärin gemacht. Kim Kardashian ist berühmt für’s Berühmtsein und damit ein popkulturelles Phänomen, welches eine ganze Generation von Selbstvermarkter:innen hervorgebracht hat. «Man verwehrt sich eine ganz grosse Chance, wenn man sich nicht erlaubt, solche Phänomene anzugucken», sagt Nairi Hadodo. «Und zwar nicht mit einer süffisanten Überhöhung oder einer bürgerlichen Abtrennung davon.» Für die Schauspielerin war immer klar: wenn sie etwas auf die Bühne bringen will, das heute relevant sein soll – dann muss es eben heute relevant sein.

Und es brauche mehr Dinge auf der Bühne, die junge Frauen betreffen. Es sei wichtig, dass sie Raum beanspruchen: «Ich mag das, wenn man jungen Frauen dabei zusehen kann, dass sie etwas wollen», sagt sie. Den Raum, den Redeanteil und die Themen zu beanspruchen, und zwar ohne sich behaupten zu wollen, ohne überzeugen zu müssen, ohne den Anspruch auf Fehlerlosigkeit – darum geht es hier. Die Forderung hinter Kim sei nicht: «Wir als Frauen wollen auch mal intelligente Texte sprechen.», so Hadodo. «Die Suche, die hier stattfindet, ist vielmehr: ‘Mein Körper ist per se schon Verhandlung – und ihr dürft mir dabei zusehen.’» Die plastifizierte und unerreichbare Körperlichkeit von Kim Kardashian wird im Stück Kim ins fassbare Hier und Jetzt katapultiert, in die anderthalbstündige Präsenz und Verausgabung eines weiblichen Körpers auf der Bühne. Da gibt’s eben kein Weiterscrollen. «Ich kann sagen: ‘Das stimmt alles nicht so richtig für mich – aber ihr hört mir trotzdem zu.’ Das ist das, was ich daran so mag.», sagt sie. Kim soll nicht das Ende ihrer Arbeit als Stückemacherin gewesen sein: «Die nächsten fünf Stücke, die passieren werden, habe ich auch schon im Kopf», sagt sie. Aktuell ist Hadodo zudem an den Proben für Der Steppenwolf beteiligt, inszeniert von Lies Pauwels. Von feministischer Selbstverhandlung und kardeshianer Aufmerksamkeitshascherei zu enttäuschter Männlichkeit und Nonkonformismus? Wohl kaum. Hadodo lacht. «Unsere Regisseurin ist eine sehr intelligente und tolle Frau, die den Feminismus da auf einer ganz anderen Ebene reinbringt. Die mutet sich auch zu und erwartet von uns, dass wir mutig sind.», sagt sie. Das ist etwas, was sie auf der Bühne besonders interessiere: wenn man couragiert sei mit seiner Menschlichkeit: «Das brauchen wir. Immer, aber im Moment sowieso.»

Text: Philomena Grütter
Fotos: Jana Jenarin Beyerlein

Kuratorinnen von Sanftheit

Kollektiv Avalon

Ein lauer Samstagabend im April, wummernde Musik hallt durch die Clarastrasse. Vor dem Eingang der Hausnummer 50 hat sich eine meterlange Menschenschlange angesammelt. Neugierig schauen die Wartenden hinauf zu den offenen Fenstern im zweiten Stock, durch die sich ein Blick auf die Umrisse einer feiernden Menge erhaschen lässt. Im Treppenhaus stapeln sich haufenweise Schuhe, Taschen und Mäntel. In der Zwischennutzung ist in den letzten Monaten ein sogenanntes Softhotel entstanden. Im vielseitig genutzten Erdgeschoss befinden sich Vintageladen, Veranstaltungsraum, Tattoo-, Textil- und Yogastudio, die oberen Geschosse werden von Kulturschaffenden genutzt. Im zweiten Stock hat sich das Kollektiv Avalon ein temporäres Zuhause geschaffen. Hier hosten Ada Fischer, Lea Gessler, Naomi Gregoris, Hester Koper, Sandra Lichtenstern und Anina Schwander Veranstaltungen, die achtsame Körpererfahrung, Freude an der Musik, ausgelassenes Tanzen, und eine Leidenschaft für das Gastgeben miteinander verfliessen lassen.

«Wir wollen einen Raum schaffen, in dem sich unsere Gäste sicher fühlen und sich der Musik und dem Tanzen hingeben können»,

erklärt Lichtenstern. Diesen Raum gestaltet das Kollektiv mit subtiler Bestimmtheit, frei nach ihren Vorstellungen: Von ausgelassenen High Energy-Momenten eines Tender Raves bis hin zum achtsamen Erfahren feinsinniger Gefühlsnuancen im Rahmen eines Soft Happenings spielen die sechs Frauen dabei eine Klaviatur, die vielfältiger kaum sein könnte. Das kollektive Handeln schafft dabei die Möglichkeit, Dinge anders zu denken und tatsächlich auszuprobieren. «Wir agieren nach dem Lustprinzip – wenn uns etwas anzieht, dann tun wir es einfach», hält Fischer fest.

Fix ist dabei einzig der wöchentliche Termin, an dem sich das Kollektiv zum Austausch trifft. Wer Zeit hat, kommt zum Diskutieren von vergangenen Veranstaltungen, neuen Ideen oder Themen, die sie gerade beschäftigen. Neben ihren gemeinsamen Aktivitäten arbeiten sie als Unternehmerinnen, Galeristin, Kuratorin, Psychotherapeutin oder Journalistin. Und dennoch – oder eben gerade deswegen – pflegen sie eine produktive Diskussionskultur untereinander und beflügeln sich dabei gegenseitig mit ihren unterschiedlichen Meinungen, Erfahrungen und Fähigkeiten. «Wir sind alle Macherinnen. Im Kollektiv geben wir uns die Unterstützung und den Mut, mit unseren Projekten herauszutreten, auch wenn noch nicht alles perfekt sitzt», beschreibt Gregoris die Gruppendynamik.

An diesem Aprilabend drängen sich gegen 150 Menschen in die 4.5-Zimmer Wohnung. Die Atmosphäre erinnert an eine WG-Party: heimelig, wuselig, hie und da ein wenig improvisiert. Und dennoch wirkt alles ziemlich durchdacht. Bei Avalon dominieren helle Farben, die Räume wirken freundlich und wohlig. Ein angenehm flauschiger Spannteppich im Farbton Crème zieht sich durch die Räume, das ganze Apartment ist in schummrig-warmes Licht getaucht. In Socken wird dicht an dicht getanzt. Die Stimmung ist offen, ausgelassen und dennoch nicht ruppig oder überbordend.

Während der Art Basel bleibt das Apartment von Avalon für einmal ruhig: Das Kollektiv wird die Wohnung als Rückzugsort nutzen. Das Feiern wird stattdessen ausgelagert: Kollektiv Avalon ko-hostet in diesem Jahr das von Benedikt Wyss kuratierte Happening Finally Saturday, der bunte Abend während der Art Basel. Ganz im Sinne des Kollektivs wird das Hotel Merian zu einem Ort der Begegnung, des gemeinsamen Fests der Stadt, ihrer vielfältigen Kunstszene und Gästen aus aller Welt. Neben Kunst und Musik wird es an besagtem Samstagabend natürlich einen flauschigen Teppich geben, auf dem getanzt werden kann – so viel gibt das Kollektiv Avalon bereits preis.

Text: Rik Bovens
Fotos: Jana Jenarin Beyerlein

Mitwirkende und Autor:innen

ABOUT

Bebbi Zine erschien zum zweiten Mal im Juni 2024, um die Basler Kulturszene im Rahmen der Kunstmesse-Woche zu feiern, zu fördern und zu vernetzen. Initiiert und herausgegeben vom Verein Bebbi Zine, profitiert das Magazin, welches in gedruckter wie digitaler Form vorliegt, von der freundlichen Unterstützung von Basel Tourismus, der Christoph Merian Stiftung und der Abteilung Kultur.

Autor:innen
Rik Bovens, Danielle Bürgin, Daniel Faulhaber, Philomena Grütter, Samara Leite Walt, Claudio Vogt

Fotograf:innen
Pati Grabowicz, Jana Jenarin Beyerlein

Redaktion
Sina Gerschwiler, Philomena Grütter, Samara Leite Walt, Claudio Vogt

Spezieller Dank
Chrissie Muhr, Kito Nedo

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